Steven Hayes

Steve Hayes ist einer der Gründerväter der aktuell in Mode gekommenen Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT). Folgendes Interview fasst in prägnanter Form zusammen, um was es in ACT geht und warum ACT weit über die Grenzen der Psychotherapie hinaus relevant ist. Unten paraphrasiere ich die meines Erachtens wichtigsten Ideen.

Wie können wir herausfinden, bzw. wie können wir als Therapeuten Patienten unterstützen herauszufinden, was für sie im Leben wirklich wichtig ist:

  • «Focus what pains them the most. And then, we take the time to look inside what do I care about such that that’s particularly painful. […] Look where the pain is, flip it over, and find the values.» (ab 6:42)
  • In die Erinnerung von Momenten gehen, in denen wir uns sehr lebendig, bei uns selbst, verbunden, etc. gefühlt haben. Dort drin können wir ein Licht finden, das uns wie das Licht eines Leuchtturms eine Richtung im Leben weisen kann.

Eine der invalidisierenden Regeln, die das Denken aufstellt ist: Ich muss zuerst meine Innenwelt in Ordnung bringen (z.B. Vergangenheit aufarbeiten, etc.), bis ich mit meinem Leben weiterfahren kann.

Der Therapeut muss sich mit denselben mentalen Prozessen auseinandersetzen und unterscheidet sich in dem Sinne nicht vom Patienten. Mit dieser Haltung wird die Therapie zu einer Begegnung zwischen zwei Menschen, die letztlich den gleichen existenziellen Fragen ausgesetzt sind, die im gleichen Boot sitzen. Eine Begegnung auf gleicher Augenhöhe, die infolge oft auch sehr intensiv ist.

Zufriedenheit / Glücklichsein: Nicht ein warmes, schönes Gefühl, das sich verflüchtigt, wie ein Schmetterling davonfliegt, wenn wir es versuchen festzuhalten und einzufangen, sondern ein Tun in der Weise, dass wir unser Leben an unseren Werten ausrichten, wir offen und akzeptierend gegenüber unseren inneren Prozessen, d.h. unserer Geschichte (Widerhall der Vergangenheit in der Gegenwart) sind.

Wir verfolgen jedoch Zufriedenheit und Glücklichsein auf eine Hedonistische und emotionsorientierte Weise. In diesem Bereich gibt es viele scheinbare Abkürzungen, dieses Ziel zumindest kurzfristig zu erreichen, dies jedoch oft mit unangenehmen langfristigen Folgen: z.B. Drogen, Alkohol, Sex ohne Intimität, Flucht in den Materialismus (z.B. das «richtige» Auto, Haus, Reise, soziale Anerkennung). In unserer Kultur wird uns konstant die Nachricht vermittelt: Wenn du dich gut fühlst, dann lebst du auch gut. Dieses Auto, diese Pille, etc. werden dann als schnelle Route zu einem solchen Leben dargestellt. Ein leeres Versprechen.

Der Kampf gegen die Angst, gegen negative Gedanken führen nicht zur Lösung einer Angststörung oder Depression, sondern dieser Kampf selbst ist das Problem. Generell gilt dies für den Kampf gegen das eigene Innenleben. Gefühle sind unsere Vergangenheit unsere Geschichte (Phylogenese und Ontogenese). Wenn wir gegen unsere Gefühle kämpfen, dann ist die Vergangenheit unser Feind. Wenn wir gegen unsere Körperempfindungen kämpfen, dann ist unser Körper unser Feind. Kurzfristig erfolgreiche Wege, Gefühle, bzw. die Vergangenheit und die Körperempfindungen auszuschalten (z.B. mit Alkohol, Vermeidung von sozialen Kontakten) sind der Ursprung vieler psychopathologischer Phänomene. Gefühle, der Ruf aus der Vergangenheit, und Körperempfindungen akzeptieren und mitnehmen zu dem, was wir auch immer tun, ermöglicht es uns, ein wertorientiertes Leben zu führen. Dies, weil wir erstens die Energie nicht für den Kampf mit unserem Innenleben verlieren und weil dieses Innenleben nicht mehr unser Verhalten im gleichen Masse bestimmt. Dieses Annehmen und Mitnehmen der eigenen Innenwelt bedeutet dasselbe, wie einen liebevollen Umgang mit sich selbst (und damit auch mit seinem Innenleben, seiner Geschichte) zu haben.

Wir möchten uns gerne aus dem Leiden des Lebens, der Probleme «hinausdenken». Wenn wir nur logisch Denken, dann können wir die Probleme lösen und dann gibt es kein Leiden mehr. Wie oben dargestellt, ist diese Haltung gerade die Ursache vielen zusätzlichen Leidens. Leiden gehört zum Leben dazu. Dieses loszuwerden führt nur noch zu mehr Leiden im Sinne eines «schmutzigen» Leidens.