Russ Harris – The Reality Slap (2011)

Russ Harris (http://www.actmindfully.com.au/) ist einer der Vertreter der aktuell in Mode gekommenen Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT). Wenn man sich nicht von der guruhaften Aura von Steve Hayes, einer der Gründerväter von ACT, abschrecken lässt, dann gibt es in ACT ganz viel zu entdecken – zumindest ging es mir so.

Inhalt

Interview mit Russ Harris

Im folgenden Interview bringt Russ Harris wichtige Ideen von ACT auf eine so einfache Art und Weise zum Ausdruck, dass selbst ich das Gefühl habe, sie zu verstehen. Daher denke ich, dass es vielleicht auch anderen so gehen könnte und sie aus eben diesen Ideen möglicherweise interessante Erkenntnisse  ziehen könnten.

Meine Gedanken dazu

Das Leben ist mit Freuden aber auch mit Leiden verbunden. Freuden und Leiden sind mit Gedanken und Gefühlen verknüpft; manchmal angenehme, manchmal unangenehme. Der Kampf mit unangenehmen Gefühlen/Gedanken, die eben zum Leben gehören, führt zu zusätzlichem Leiden («dirty suffering»). Zusätzliches Leiden oder gar psychische Störungen sind in vielen Fällen die Folge eines Kampfs mit dem eigenen Innenleben.

Russ Harris bringt das Beispiel mit Bühnenfieber: Die Angst gehört zur Arbeit auf der Bühne, sie ermöglicht Spitzenleistungen. Fragen wir uns plötzlich: Oje, ich darf diese Angst nicht haben, die muss weg, dann beginnt der Kampf. Der Kampf mit der Angst, macht die Angst grösser, so dass sie uns schliesslich völlig invalidisiert.

ACT als Psychotherapie postuliert dann auch folgerichtig: Therapie ist Änderung der Beziehung zu Gefühlen und Gedanken. Inwiefern wird die Beziehung geändert? Von Kampf zu Akzeptanz, Offenheit, Neugierde. Da kommt Achtsamkeit (Mindfulness) ins Spiel. Russ Harris bringt im Interview eine knackige Definition von Achtsamkeit: offene, neugierige und flexible Aufmerksamkeit («paying attention with openness, curiosity and flexibility»).

Das Interview beinhaltet die Essenz des kürzlich erschienen Buchs «The Reality Slap» von Russ Harris.

Harris 2011 The reality slap

«When reality slaps us around, it invites us to grow. And while it’s not an invitation that we wanted, if we turn it down, our life is sure to get worse. So how about we accept it and make the most of it? Let’s use it to develop defusion, connection and expansion: to get in touch with our values and act with purpose. Let’s use it as a rehearsal for the four steps: hold yourself kindly, drop the anchor, take a stand, and find the treasure.» (S. 197 f.)

Das wichtigste möchte hier nochmals zusammenfassen:

  • Achtsamkeit: Im Moment ankommen zusammen mit den unangenehmen Gefühlen und Gedanken, die wir gerne vermeiden oder weg haben wollten. Achtsamkeit ist Aufmerksamkeit. Wenn wir gegenüber dem, was wir tun, haben oder gegenüber Menschen oder uns selbst aufmerksam sind, dann beginnen wir das zu schätzen, was wir haben («It’s actually quite simple to develop appreciation for the things we have. All we need to do is pay attention.», S. 183).
  • Entschmelzung («Defusion») von dem, was unser Verstand gerade (wenig hilfreiches) erzählt und plappert.
  • Fokussierung auf meine Werte (so, wie ich leben möchte) und einen kleinen Schritt, ausgerichtet auf diese Werte, jetzt unternehmen.